Weniger oder mehr? - Kulturelle Teilhabe nach einer Pandemie

Erfahrungen mit der weltweiten Verbreitung der Viruserkrankung COVID-19 lassen wichtige Veränderungen erkennen. Diese gelten auch für die Kultur. (de)mentia+art arbeitet in Museen und Konzerthäusern insbesondere für und mit Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Das reicht von Schüler:innen bis zu hochaltrigen Senior:innen. Die aktuelle Pandemie ist für alle Menschen schwierig. Die existentielle Gefährdung verdichtet sich jedoch für die genannten Gruppen, insbesondere für Menschen in sehr hohem Alter.

Sehnsucht nach Sinn und Schönheit

Zugleich wächst die Sehnsucht, gerade auch in Bildern und Objekten existentiellen Sinn und sinnliche Schönheit zu entdecken. In unseren Führungen ist es strukturell angelegt, dass wir ein Bild gemeinsam entdecken und jeder dazu etwas beitragen kann: Sei es mit einem Blick ausgedrückt, gesummt, mit wenigen oder mit vielen Worten gesagt.

Aura eines schönen Museumsraums, soziale Erfahrungen im gemeinsamen Entdecken

  •  Zunächst ist es naheliegend, Führungen für Menschen mit und ohne kognitive Einschränkungen nun auch räumlich unabhändig digital anzubieten, etwa in Form von Teilhabe-orientierten Kurzfilmen/Videos, Spiele und Apps die in Pflegeeinrichtungen für Einzel- oder Kleingruppenaktivierungen genutzt werden können. (de)mentia+art bietet zusammen mit dem Museumsdienst Köln und dem Kölnischen Stadtmuseum seit Jahren Outreach-Führungen an, die dafür eine verlässliche inhaltliche Basis für ein solches Vorgehen bereitstellen...
    Zugleich dürfen auch bei solchen digitalen Programmen die beglückenden Möglichkeiten von Museen oder Konzerthäusern nicht aufgegeben werden: die Aura eines schönen Raums tatsächlich vor Ort zu erleben, verbunden mit sozialen Erfahrungen, die ein gemeinsames Entdecken ermöglicht.

  • (de)mentia+art hat in den letzten beiden Jahren damit begonnen, die Museumsführungen weiterzuentwickeln. Bei ausgewählten Objekten, die erkennbar gesellschaftliche Zustände für das erleidende Individuum spiegeln (Einsamkeit, Leid, Frustration, Schein und Sein...), versuchen wir sie durch bewusste Fragestellungen in den Blick, ins eigene Erleben, in die eigene Erfahrung, zu nehmen. Dazu gehören Fragen nach Identität und Persönlichkeit, nach Möglichkeiten der Orientierung in sich selbst ebenso wie in der Welt, aber auch nach dem Verhältnis von Verstand und Gefühl. Nicht fehlen darf dabei am Ende von gemeinsamen Pop Art- oder Goldenes Zeitalter-Annäherungen die „Frage nach dem Glück“ - stets konkret auf ein Objekt bezogen, die Veränderbarkeit einer gegebenen Situation im Sinn.

Die Erfahrung der Pandemie

Wir haben uns vorgenommen, diese Richtung viel deutlicher fortzuführen und werden sie auch in unseren Fortbildungen spiegeln. In der Folge wird sich die Auswahl der Objekte ändern, die wir in den großen Kölner Museen führen. Vor allem, weil die Erfahrung der Pandemie den Blick auf dem Weg durch eine Sammlung unwillkürlich anders lenkt.
Die Fragestellungen der teilhabe-orientierten Kommunikation werden sich noch mehr als bisher danach ausrichten, unseren Teilnehmer:innen zu ermöglichen, selbst die eine oder andere Schicht eines Kunstwerks nicht zuletzt aus ihren eigenen Erfahrungen heraus zu entdecken.

Es geht in dieser Zeit um nicht weniger als um den Wechselgesang einer erlebbaren Brüchigkeit der Existenz und dem nachhaltig gestärkten Bewusstsein für die ungeheure Schönheit der Welt, wie sie sich gerade auch in den Museen zeigt oder in den Konzerthäusern zu hören ist. Und wir sehen unentwegt, dass es nach wie vor begleitend der Solidarität vieler Menschen bedarf, um auch für die Schwächeren die Chance auf Teilhabe zu sichern.

Gleich wie lange der jetzige Zustand noch andauert: letztlich wird sich die Frage nach Selbstbewusstsein stellen, ob Museen und Konzerthäuser und all die anderen Kultureinrichtungen nicht auch "systemrelevant" sind und sich entsprechend glaubhaft darstellen können. (de)mentia+art lädt Sie herzlich bei unseren Führungen ein: probieren Sie es für sich aus!

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